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Interview

„Die richtigen Fragen sind die besten Wegweiser“
Ein Gespräch mit Lea und Christian Schwarm – über Fragezeichen, die Potenziale von AI, ihr einzigartiges Zukünfte-Abo und darüber, was jetzt wirklich wichtig ist

Q

Auf einem eurer Zukünfte-Poster und sogar auf eurer Visitenkarte taucht ein großes Fragezeichen auf. Erwartet man von Beratern nicht eher Antworten?

LS

Idealerweise führen Fragen ja zu Antworten. Übliche Fragen allerdings auch zu üblichen Antworten. Wenn wir Neues anstoßen und entdecken wollen, beginnt das fast immer mit Fragen, die uns helfen, über das Bisherige und Übliche hinauszudenken. Fragen, die uns ermutigen, die eigene Komfortzone zu verlassen, die Taschenlampe anzuschalten und neugierig loszugehen. Die richtigen Fragen sind die besten Wegweiser.

CS

Ein Fragezeichen symbolisiert aber auch unsere Demut vor dem Nichtwissen. Schon als Jugendlicher hat mich die Geschichte aus dem alten Athen fasziniert, in der das Orakel von Delphi sagte: „Niemand ist weiser als Sokrates.“ Woraufhin dieser das gar nicht glauben wollte und deshalb verschiedene kluge Männer in Athen aufsuchte: Politiker, Dichter und Handwerker. Die Politiker waren sich ihrer relativen Unwissenheit nicht bewusst. Die Dichter konnten die Bedeutung ihrer Werke nicht erläutern. Und die Handwerker neigten wegen ihres Spezialwissens zu dem Glauben, alles erklären zu können. Was Sokrates schließlich schlussfolgern ließ:

„Ich bin nur deshalb weiser als dieser Mensch, weil ich, was ich
nicht weiß, auch nicht zu wissen glaube.“

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Q

Was hat diese Erkenntnis mit Eurer Arbeit und mit Euren Kunden zu tun?

LS

Ziemlich viel. Wer mit uns zusammenarbeitet, sucht nach dieser Offenheit, die gerade in Zukunftsprojekten zu anderen Perspektiven und damit zu neuen Lösungen führen kann. Unser Tun beruht nicht auf der Optimierung von Prozessen oder auf der Übertragung einer „Best-Practice“ von einem Unternehmen auf das andere. Jedes unserer Projekte ist einzigartig, weil die Aufgaben, mit denen wir konfrontiert sind, einen einzigartigen Weg erfordern. Wo immer das nicht der Fall ist, sind wir vermutlich auch nicht die richtigen Partner.

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Q

Ihr nutzt auch gerne den eher unüblichen Plural von Zukunft. Salopp gefragt: Bei Schwarms bekommt man „Zukünfte“?

CS

So könnte man es sagen. Zusammen mit unseren Partnern – meistens großen oder mittelständischen Unternehmen – entwickeln wir konkrete Zukunftsszenarien und verwirklichen wegweisende Zukunftsprojekte. Dabei geht es um Innovationen – zugleich aber um die entsprechend neugierige Haltung, die unerlässlich ist, um wirklich offen für Neues zu sein. Viele Menschen und auch Führungskräfte blicken derzeit eher skeptisch auf die nächsten Jahre – obwohl wir es zu einem guten Teil selbst in der Hand haben, welche Zukunft wir ansteuern und gestalten wollen. Genau daran erinnert uns die Mehrzahl von Zukunft – also Zukünfte.

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Q

Ihr sprecht von Zukunftsprojekten. Was sind das für Projekte? Und sind nicht alle Vorhaben schon per definitionem Zukunftsprojekte?

LS

Das stimmt natürlich: Im Grunde zielt jedes Vorhaben auf die Zukunft. Wenn wir von Zukunftsstrategien oder -projekten sprechen, möchten wir zum einen die Langfristigkeit der Perspektive betonen – und zum anderen die Grundsätzlichkeit der damit verbundenen Fragen.

CS

Über konkrete Projekte dürfen wir natürlich nichts sagen. Zu unseren spannendsten Aufgaben in den letzten Jahren zählte aber beispielsweise eine umfassende Konzeption, wie eine Zeitung für die Zukunft aussehen könnte. Oder aber für unseren wichtigen Kunden dm die Entwicklung eines Impulsprogramms, das Führungskräfte und Mitarbeitende über den Horizont ihres täglichen Tuns hinausführt – mit dem Anliegen, möglichst frühzeitig neue Potenziale zu identifizieren. Im Moment geht es häufig darum, gemeinsam eine Grundhaltung zu relevanten Veränderungen zu erarbeiten. Und dabei natürlich auch viel um AI.

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Im Moment geht es häufig darum, gemeinsam eine Grundhaltung zu relevanten Veränderungen zu erarbeiten. Und dabei natürlich auch viel um AI.

Q

Wie steht Ihr zu diesem Thema, also zur weiteren Entwicklung der künstlichen Intelligenz?

CS

Auch auf diesem Spielfeld teilen sich die Menschen ohne Not und vorschnell in Lager auf: Da gibt es die hoffnungslos Skeptischen, denen die hemmungslos Euphorischen gegenüberstehen. Oder zum Beispiel auch jene, die KI schon ziemlich praktisch finden, die aber trotzdem glauben, dass sie niemals in der Lage dazu sein wird, etwas wirklich Neues und Kreatives zu erschaffen. Aber woher wollen wir das wissen – und wie kann sich jemand dazu so sicher sein?

Im Jahr 2013 erschien der Film „Her“, den ich schon damals als geradezu historischen Meilenstein empfand.

Warum? Weil er auf nachvollziehbarste Weise den Beweis führte, dass wir uns als Menschen in eine künstliche Intelligenz verlieben werden können. Etwas, das ich mir davor partout nicht vorstellen konnte. Auch das Ende dieses Films inspirierte mich: Womöglich sind wir als Lebensform recht „unterkomplex“ unterwegs und von einer höheren Intelligenz in unserem gesamten Verhalten ziemlich einfach zu durchschauen? Ich blicke oft auf unsere geliebte Hündin und denke mir, dass man mit ein bisschen Erfahrung die allermeisten Hunde ziemlich gut lesen – ihr Verhalten also in fast allen Fällen antizipieren und vorausahnen kann. Die Vorstellung, auf einem quasi uneinnehmbaren Gipfel der Schöpfung zu thronen, könnte sich einfach als die nächste Treppenstufe menschlicher Hybris herausstellen …

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Q

Ist das jetzt ein Appell für mehr datengestützte Analysen und Marktforschung?

LS

Nein, vielmehr einer für mehr Reflektion und menschlichen Diskurs. Daten können aber ungemein wertvoll sein – die Frage ist nur, wann, wo und wie man sie erhebt. Also zu welchem Zeitpunkt, in welchem Kontext und mit welchem Ziel.

Q

In diesem Punkt unterscheidet Ihr Euch von klassischen Beratern und verfolgt ein eigenes Prinzip: Was bedeutet „Thinking First, Data Second”?

LS

Mit uns am Tisch startet ein Projekt unkonventionell: Wir meiden teure Analysephasen. Stattdesen denken und sehen wir ein Unternehmen direkt im Morgen – schon während wir die Aufgabe erfassen. Mit geteilter Begeisterung konzentrieren wir uns von Tag eins an auf unerwartete Ideen und wegweisende Lösungen. Daten kommen ins Spiel, wenn es darum geht, die neuen Ansätze zu überprüfen und zu untermauern. Dieses Prinzip – Thinking First, Data Second – macht uns auch kreativer: schließlich basiert jede Art von Vorrecherche immer auf unausgesprochenen Annahmen, die das, was möglich erscheint, unbewusst limitieren … anstatt den Raum des Denkbaren zu maximieren.

CS

Dieser allgemeine Datenhunger entspringt einer bestimmten Werthaltung, die daran glaubt, die Komplexität unserer Welt ließe sich durch eine möglichst vollständige Erfassung aller Umstände noch beherrschen: 'Wenn nur alle Informationen und Messungen auf dem Tisch liegen … dann kann man ja nur noch richtig entscheiden, oder?' Stattdessen suchen wir nach einer intelligenten Kombination aus Kreativität, Intuition, Wissen und Daten – vielleicht sogar in dieser Reihenfolge – weil sich das Bild von der Welt als deterministisches System ineinandergreifender Zahnrädchen als Illusion entpuppt. Von einem unserer liebsten Kunden haben wir gelernt, dass man unternehmerische Entscheidungen wie auch das Thema Mitarbeiterführung niemals an Daten oder KPIs „outsourcen“ sollte.

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Q

Was ist in diesen wilden Zeiten – und gerade für Unternehmen – jetzt wirklich nötig?

CS

So wie Watzlawick einst sagte, dass man nicht NICHT kommunizieren kann, so können wir unsere Zukunft nicht NICHT gestalten. Im Moment handeln viele Unternehmen in dem Gefühl, mithalten zu müssen. Das bestmögliche Resultat dieser Haltung? Leider nur ein Mithalten. Wir begleiten lieber andere Geschichten: die von Unternehmen, die ihre ureigensten Potenziale heben, um eben nicht nur „vergleichbar produktiv“ zu werden, sondern „unvergleichbar gut“. Dazu verheiraten wir Strategie mit Kreativität, denken aus der Zukunft heraus und antizipieren die Wünsche und Probleme, die die Menschen morgen haben werden. Aus diesen entspringen dann die richtigen Fragen: an uns, heute.

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Q

Ihr beide versteht euch als die „most contemporary version of an old-school family business”. Eine bedeutsame Rolle spielt dabei auch der Ort, an dem Ihr arbeitet: eure Library.

LS

Dabei spielen auch die unterschiedlichsten Sinne eine Rolle, beispielsweise die Integration von Sound über die Sunship-Loudspeaker, die eine ganz spezielle Geschichte haben: Ihr Ursprung liegt nämlich im kulturellen Clash zwischen Japanern und Amerikanern im Tokio der Nachkriegsjahre. Oder die Beschäftigung mit innovativen Food-Konzepten, über die uns unsere Freunde und Nachbarn Maciej Chmara und Ania Rosinke auf dem Laufenden halten, die im Moment zu den führenden Sauerteig-Experten zählen dürften und die sich – wie wir – mit den gesellschaftlichen Auswirkungen befassen, die sich durch ein erweitertes Naturverständnis ergeben. Wir Menschen beginnen ja gerade erst zu begreifen, wie verwoben alles Leben in Wirklichkeit ist. Immer mehr Wissenschaftler sprechen aus diesem Grund inzwischen nicht mehr nur von Pflanzen und Tieren – sondern von Flora, Fauna und Funga.

CS

Unsere Library ist tatsächlich ein ganz besonderer Raum. Wie der Name es schon verrät, handelt es sich dabei um eine Bibliothek. Allerdings nicht im klassischen Sinne – sondern um eine, in der nicht nur Bücher, sondern alle möglichen Arten von Quellen und Inspirationen zusammenfinden: gedruckte Titel – von denen übrigens die allermeisten im 21. Jahrhundert publiziert wurden – stehen mit ihren Inhalten in einem direkten Austausch mit digitalen Ressourcen, mit technologischen und kulturellen Artefakten und mit zeitgenössischen Objekten und Werken von Künstlern wie zum Beispiel Slavs and Tatars, Lin May Saeed, David Horvitz und vielen weiteren. Für uns ist dieser Ort ein magischer Spielplatz des Denkens.

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Q

Mit genau diesem Thema beschäftigt sich eine Podcast-Episode, in der ihr Pilze und Blockchaintechnologie zusammenbringt. Ein weiteres Thema, über das ihr euch Gedanken gemacht habt, sind neuartige Abo-Modelle. Startet ihr deshalb ein eigenes Angebot?

LS

Ja, und zwar unser Zukünfte-Abo, das im Herbst 2025 an den Start geht. Es ermöglicht einen echten Blick hinter die Kulissen der Schwarms und unserer Arbeit als Zukunftsberatung. Gedacht für all jene Menschen in Unternehmen, die wie wir die Notwendigkeit spüren, über den aktuellen Tellerrand ihres geschäftlichen Alltags hinauszublicken. Unsere Zukunftsimpulse werden auf den unterschiedlichsten Kanälen zu unseren Abonnenten kommen und in der Summe ein ganz besonderes Erlebnis sein.

CS

Ein Abo wie dieses existiert bislang noch nicht – es gibt nur ähnlich inspirierende Ansätze auf anderen Spielfeldern: beispielsweise den Taste-Buds-Club des weltberühmten Noma-Restaurants in Kopenhagen. Über innovative Abo-Angebote nachgedacht haben wir im Rahmen unseres Impulsprogramms für dm-Drogeriemarkt – und im Zuge dessen ein ganz eigenes Verständnis und Modell zu diesem Thema entwickelt. Da lag es dann nahe, ein eigenes Angebot ins Leben zu rufen, das wir jetzt ausprobieren möchten: unser Zukünfte-Abo.

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Zukünfte spüren

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Von Post-Channel zu Pre-Human.

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